Still Düsseldorf – Tripping Europe without money 3

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Warum eigentlich immer noch Düsseldorf? Das hat zwei Gründe:

Zum Einen wollen wir bis Mitte der Woche ohnehin in der Gegend bleiben, weil unsere Tochter Hermine dann ihren letzten Schultag hat und mit dem Zug nachreisen wird – bestenfalls ohne groß umzusteigen.

Zum Anderen ist – wie erwähnt – unser Straßenmusikverstärker zur Hälfte kaputt gegangen, und da der zur Grundausstattung unseres Experiments gehört, haben wir einen neuen bestellt, der zu einem Familienmitglied in Düsseldorf geliefert wird – zurückfahren wollen wir dafür nicht. Eine neue Box war ohnehin fällig und Budget dafür vorhanden; nach einiger Diskussion haben wie den Kauf als gerechtfertigt klassifiziert, zumal wir einen Roland Cube Street im Sonderangebot erstehen konnten – perfekt für Straßenmusik in jeder Hinsicht.

Verstärker für Gitarre und Gesang sind eigentlich nicht erlaubt, werden aber von allen routinierten Straßenkünstler:innen verwendet. Mit der Stimme und Akustikgitarre allein kommst du im Elektrozeitalter nicht an gegen die Musiken der Läden, Bars, Cocktailstände; dazu gesellt sich die voluminöse Kakaphonie aus Sprechfetzen, Jubelschreien, Fangesängen, Absatzgeklacker und generischen Nebengeräuschen des Ausgehvolks, um dessen Aufmerksamkeit wir Straßenkünstler*innen buhlen und konkurrieren.

Renans Stimme war schon nach zwei Tagen derart strapaziert und angeschlagen vom Anschreien gegen den Stadtlärm, dass ein Verstärker allein aus medizinischen Gründen – Ordnungsamt hin oder her – unverzichtbar erscheint.

Verzichtbar hingegen sind Luxusartikel wie ein kaltes Bier von der Trinhalle. Auch darüber haben wir diskutiert und sind übereingekommen, dass die rund vier Euro, die uns das kosten würde, einfach nicht drin sind. Noch ist es einfach zu leben – wir sind mit vollem Tank, vollem Kühlschrank und vollem Hut in Rheinberg gestartet –, doch in einigen Wochen werden wir um jeden Euro kämpfen müssen. Und es geht auch anders:

In der Altstadt bespielen wir unter anderem die Kurze Straße. Die Stimmung ist leicht angenervt, weil wir nur etwas Brot gefrühstückt haben und die Mittagszeit längst überschritten ist, Hunger macht sich breit. Spiel dann mal ein Set neben nem Pizzaladen … Allein der Geruch macht einen verrückt.

Nur wenige Akkorde im ersten Lied, unterbrechen plötzlich zwei junge Männer die Darbietung: „Du musst auch mal Pause machen und was essen, Junge!“ Die beiden hätten zwar nicht mehr viel Geld in der Tasche, aber Pizza auf der Hand, die sie gern mit uns teilten. Gerade rechtzeitig!

Einfach genial, in diesen Flow zu tauchen, der dich augenzwinkernd lehrt: Meistens tun sich Wege auf, wenn du sie nur lässt – spring ins Wasser und du wirst schwimmen oder untergehen! Schwimmen, in diesem übertragenen Sinn, können wir offenbar einigermaßen, und das ist ein tolles Gefühl, das zu gleichen Teilen nach Schweiß, Nervenkitzel und Freiheit schmeckt.

Auch Maja kitzelt die Reise an den Nerven, aber sie schlägt sich prima. Großgeworden als Dorf- und Hofhündin hat sie nur wenig Großstadterfahrung. Schon an Tag zwei bekommt sie die Drehs aber raus: U-Bahn- und Rolltreppefahren sind bereits gelernt, und auch in den lauten Partystraßen inmitten besoffener Bezirksligafußballfanclubrotten und anderer merkwürdiger Gestaltenansammlungen bleibt sie ruhig und gelassen – sogar ein Schläfchen ist drin. Und dass sie alle gern mal streicheln würden, findet sie super, zumal die allermeisten Menschen vorher fragen, besoffen oder nicht.

Wir zwei beide und ein Stückchen Maja am Ende eines schönen Tages in der Altstadt und am Rheinufer.

Noch zwei schöne Erlebnisse, die uns optimistisch stimmen, die sieben Wochen durchzukommen:

Auf dem Weg in die Stadt begegnet uns gestern eine Spaziergängerin, die wir vom Stellplatz kennen, ihre Hunderunde führt an unserem Camper vorbei. Die freundliche Frau fragt uns, ob sie uns fürs Frühstück Brötchen an den Camper legen soll – sie sei ohnehin früh unterwegs und würde unser Abenteuer gern unterstützen. Wie zauberhaft ist das denn!

Ebenso zauberhaft ist der abendliche Blick in die Mails: Zwei Paypal-Spenden über insgesamt 50 Euro sind eingetrudelt, Spritkostenzuschüsse von lieben Menschen, die uns aus der Ferne unterstützen möchten. Noch dazu bekomen wir gestern von einem nahen Familienmitglied mit Wohnsitz in Düsseldorf nach einer Abendesseneinladung einen Hunderter für die Reisekasse zugesteckt. Wow. Das gibt uns einen ordentlichen Puffer für die Benzinkasse. Danke, danke, danke!

Auch an alle, die uns bisher mit Hutspenden auf den Straßenkonzerten unterstützt haben, geht ein Riesendank raus. Im Schnitt landen 0,8 bis 1 Euro pro Minute im Hut. Klingt viel, ist aber dennoch hart verdientes Geld. Renan gibt alles beim Musizieren, ist nach jedem Set (je 20–30 Min.) nassgeschwitzt und völlig k.o. Aber auch glücklich – es macht einfach Spaß, in diesem Theater mitzspielen, den Barden zu mimen und ein Stückchen Seele auf die Pflaster zu schälen.

Wir sind sehr gespannt, wie es weitergeht … du auch? Dann komm mit auf unseren Trip! Abonniere gern diesen Blog, folge unserer Instagram-Story und sei Teil unserer Reise! Jetzt auch auf Youtube. Wer uns etwas in den Hut schmeißen möchte, aber aus Raumzeitkontinuumsgründen nicht kann – das geht auch digital: paypal.me/renancengiz. Danke und auf bald!

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ENGLISH SUMMARY STARTS HERE

So we’re still in Dusseldorf – mainly for two reasons: First, our daughter will join us as soon as summer holidays have started and we want her to be able to easily reach us by train, so we stay in the vicinity. Second, as mentioned earlier: Our amplifier is broken and we have decided to order a new one, it will be delivered to a family member in Dusseldorf where we can fetch it. We need that thing to compete with the noise of the streets, otherwise Renan’s voice will be broken quite soon …

Besides, wonderful things happen as we’re going with the flow: People are gifting us pizza, rolls, juice and dogfeed without us asking for it, others donate money via paypal for our fuel cost coffer and many support us with kind words, smiles and compliments while flipping a coin into our street music hat.

Our dog Maja has meanwhile adapted to big city life: She has learned to ride the ubahn and escalator and keeps calm even in the most intense surroundings like inbetween drunk partyists in the small streets of the Altstadt.

Thanks to everybody who has contributed to our forthcoming in any way – emotionally, financially or with goods. We feel so supported! To join our trip, feel free to follow this blog, surf our instagram-story and Youtube channel. Donations are welcome via paypal.me/renancengiz. Thank you!

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Veröffentlicht in Tripping Europe Without Money

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