„Der Wilde Mann ist eine Figur aus der Volksdichtung: Er lebt allein im Wald, ist am ganzen Leib behaart und mit Blattwerk oder Moos bekleidet; in den Händen trägt er einen Baumstamm, meistens eine Fichte. Der Wilde Mann wird als »Primitiver«, aber auch als »edler Wilder« wahrgenommen. Er ist ein Mischwesen aus Mensch und Tier, oft erscheint er riesenhaft, manchmal auch als Zwerg; sein Wesen ist ambivalent. […] Aber der Wilde Mann ist nicht nur Poesie, er ist auch physische Realität […] Allen diesen Wilde Mann-Darstellungen ist gemein, dass sie die Grenze zwischen Zivilisation und Wildnis transzendieren: Sie bedeuten den Kontakt mit der Naturgewalt. Der Wilde Mann entführt in einen Raum jenseits der vertrauten Welt und Wirklichkeit – die Wildnis –, in dem die Gesetze der Kultur nichts wert sind. Hinter dem Hag, hinter den Stadtmauern beginnt sein Reich: der Ur-Wald, das Jenseits, das Chaos.“
Aus: Dr. Thomas Hoeffgen: „Der Wilde Mann – Züge des Schamanismus in Volksdichtung und Verkleidungskult“, hier: „Vorwort“ in: Fisch, M. & Seiderer, U. (Hrsg.): „Hülle und Haut. Techniken des Verkleidens und Umschließens“ (Berlin: 2014, S. 280–300); https://www.thomashoeffgen.de/veröffentlichungen/der-wilde-mann/
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