Gerade erfahren, dass gestern ESC (Jurowischen Sonkontest) war. Kann auch nicht verstehen, wieso Deutschland ’ne Nullnummer eingefahren hat: Die anderen Schongsongs waren doch nicht minder geleckter, linientreuer, austauschbarer Puddingpop.
Dabei habe ich versucht, mein Herz vom ESC-Zauber berühren zu lassen und mir alle diesjährigen Schongsongs im offiziellen P4ESC-„Recap“ angehört, auf Youtube, gerade eben. Und als jemand, dem Musik vor vielen anderen Dingen im Leben kommt, erscheint mir die Fähigkeit der Massen die Schongsongs auseinanderzuhalten und gegeneinander abzuwägen wie eine Superkraft, die mir spätestens abgegangen sein muss, als ich mit 17, 18 Jahren erstmals in den berüchtigten Zappapfel gebissen habe.
Die meisten Antworten auf ESC-kritische Youtube-Kommentare gehen so:
„If you think you can do better go write your own song [beliebiges Schimpfwort mit Genitalbezug]!“
Habe ich gemacht, zigfach. Meine Lieder sind allerdings schlechter produziert (oder gar nicht), weniger durchdacht (oder gar nicht) und versuchen nicht zu gefallen; kurz und gut: Sie stehen nackt im Wald und spielen an sich selber rum und werden deshalb nie auf internationalem Kitschparkett brillieren, es sei denn, das Parkett wird geschreddert und im Wald verstreut, und an dieser Stelle verspreche ich: Sollte ich jemals an einem ESC teilnehmen, dann ziehe ich mir während der Live-Aufzeichnung ungeprobt die Hosen runter und sichere mir damit eine Karriere bei Sport1 und im Dschungelcamp.
Wie auch immer: Ein gehässiger, aber nicht minder wahrer Youtube-Kommentar aus der Feder einer Simona (monipln) gefällt mir besonders gut, und da er sich nicht direkt verlinken lässt, sei er hier wiedergegeben:
„[…] Eurovision is a fake contest with cheesy music in general. The songs have a specific bubblegum pop Eurotrash ‚love will free the world‘ style that annoys the hell out of me. No de[p]t[h], no real emotion, shallow as fuck, just some quickly produced shit that’s supposed to ‚touch our hearts‘ but actually just makes people want to shoot themselves. It has its songs that are exceptional every now and then, of course, but I’m talking about the songs in general. Every year it’s the same thing. My opinion. […]“
Ich will dem ESC seinen Segen gar nicht austreiben. Jeder hat das Recht auf schlechte Unterhaltung, und es ist ja durchaus möglich, sich beim ESC-Gucken zu amüsieren. Solange man das im Bewusstsein tut, gerade in den siebten Höllenzoo der Großkulturlandschaft zu blicken: von mir aus. Aber wenn er vorbei ist, der ESC, dann wäre mein Appell: Unterstützten Sie Ihre lokale Kulturszene und solche sog. Künstler, die nicht männchenmachend und gestriegelt vor den Toren der medialen Zuckerwattefabriken schaulaufen. Unterstützen Sie organische Filmemacher, Cartoonisten, Musiker, Schriftsteller, Schauspieler, Theatermacher usw., die einen Scheiß geben auf ESCs und A&Rs und ihre Pendants in anderen Branchen, weil es ihnen um die Sache geht. Geben Sie ihnen Ihre Klicks, Ihr Geld, und vor allem: Ihr Herz.
Und hier können Sie damit anfangen.