Heute möchte ich Ihnen meinen Freund Karl Ender vorstellen. Er betreibt eine Teermine.
(Wenn Sie jetzt nicht lachen, schmunzeln oder wenigstens gequält aufstöhnen, dann, mit Verlaub, sind Sie ein schlechter Mensch oder müssen noch einmal von vorn beginnen.)
In meinem Leben hat sich Karl Ender dreifaltig manifestiert: In meiner Hosentasche, an meiner Arbeitszimmetür und auf meiner Website. Alle drei Gestalten stelle ich Ihnen heute kurz vor.
Der Taschen-Karl
… ist eines der wenigen Luxusgüter in meinem Leben. Er sieht schlicht aus, stammt aber aus dem Geblüt Moleskine ([mɔleˈskiːne]), die wohl renommierteste Notizbuchmarke der Welt.
Gut dabei dank Maulwurfshaut
Der Name Moleskine geht zurück auf den britischen Schriftsteller Charles Bruce Chatwin (1940–1980). In seinen Reiseberichten pflegte er seine — für dazumal typischen — Notizbücher liebevoll als carnets moleskines zu bezeichnen. Im Englischen bedeutet moleskin Maulwurfshaut, das französische moleskine bedeutet Kunstleder. Chatwin maß seinen carnets moleskines enorme Bedeutung zu: „Einen Pass zu verlieren war das geringste aller Übel; ein Notizbuch zu verlieren war eine Katastrophe“, schrieb er in seinem Roman „Traumpfade“.
Absatzromantik
Das Italienische Unternehmen Moleskine SpA hat aus der Notizbuchromantik dezent Kapital geschlagen. Moleskine versteht es, den Notizbuch- und Kalenderkauf zu einem künstlerischen Akt von Weltbedeutung zu inszenieren, indem die Firma etwa verkündet:
„Moleskine […] legt die legendären Notizbücher von Künstlern und Intellektuellen […] wie Vincent van Gogh, Pablo Picasso, Ernest Hemingway und Bruce Chatwin, neu auf. […] Moleskine-Artikel […] bilden ein ganzes Arsenal an Utensilien, die eine Verbindung zwischen den Visionären der Vergangenheit und den Machern der Zukunft herstellen.“
Das Geniale an diesem Versprechen ist: Man muss nur daran glauben, um es wahr werden zu lassen. Ich für meinen Teil kalendriere und notiere in Moleskines und es ist mir schietegal, ob ich die gleiche Qualität woanders billiger haben kann. Dafür fahre ich Fahrrad und habe keinen Fernseher.
Seit zwei Jahren begleiten mich die Moleskine-Wochennotizkalender (unten im Bild liegend); für 2018 entschied ich mich für das dickere Daily Diary (oben im Bild stehend). Beide Varianten sind für unter 20 Euro zu bekommen. Muss man aber nicht haben, ich sag nur.

Oben: Daily Diary. Unten: Wochennotizkalender. (Die Verschmierungen beruhen auf dem Zeugenschutzprogramm und den Tinder-Datenschutzrichtlinien.)
Der Wand-Karl
… hat mein Leben verändert. Ein Freund gab mir den Tipp, einen dieser Großformat-Wandplaner zu kaufen (danke, DJ). Der Vorteil: Man hat das komplette Jahr im Blick und kann entsprechend weitsichtig planen. Hektisches Blättern im Kalender, das Telefon zwischen Schulter und Wange geklemmt? Nie wieder. Fehlende Ruhepausen zwischen zwei ausmergelnden Projektzyklen? Kann mir nicht mehr passieren. (Oh Gott, jedenfalls hoffe ich das.)
Ich habe mich für eine recht einfache Variante aus dem Hause Heye entschieden, den Mega-Posterplaner. Kostet um die fünf Euro und ist doppelseitig bedruckt, ergo gleichschick für Hoch- und Querformatliebhaber.

Der Mega-Posterplaner kurz vor der Entjungferung. Maße: 98 x 68 cm.
Der Digi-Karl
… ist weniger für mich, als für Sie gedacht — vorausgesetzt, Ihr Interesse an meinem Schaffen ist nicht bloß vorgeheuchelt. Jahrelang habe ich sämtliche Termine händisch auf eine Webseite eingetragen. Seit einigen Wochen probiere ich nun den Google-Kalender aus. Der ist nicht besonders schön, aber praktisch: Ich kann ihn von allen Geräten editieren, an verschiedenen Stellen im Netz einbinden, kann befreundete Künstler als Koautoren einladen und vieles mehr. Praktisch und schön wäre mir allerdings lieber — Sie haben nicht zufällig einen kompatiblen Tipp?
Auf Kalendersuche
Als Nachtisch noch ein Palindrom (ein Text, den man von vorne und von von hinten lesen kann). Es trägt den Titel Auf Kalendersuche, gibt ein besoffenes Urlaubsgespräch auf dem Souvenirmarkt der Sierra Lacandona wieder und möchte nicht ganz ernst genommen werden:
– „Neu Alk? Red’.“
– „O, na, Nino — DNA-Kalender!“
– „Red’ ne Lakandonin an!“
– „Oder klauen?“
Ein italienisches Sprichwort besagt: Des Menschen großer Feind ist seine eigene Meinung. Wie lautet Ihre?