Ein romantisch-komischer Schmu

Adelina Patti als Lady Harriet (Foto: Camille Silvy; Public Domain)
Der verzogenen Königstochter Lady Harriet Durham ist langweilig. Angestachelt von den plumpen Umwerbungen ihres Vetters und Verehrers Lord Tristan Mickleford, schleift sie denselben nebst ihrer Vertrauten Nancy auf den Markt zu Richmond, um sich unter’s gemeine Volk zu mischen. Im tollen Spiel verpflichten sich Lady und Nancy dort zu einem Jahr Dienst auf dem Pachthof der Herren Plumkett und Lyonel, die sich unsterblich in die vermeintlichen Mägde verliebt haben. Mägde, die – wie sich später am Abend herausstellt – überhaupt gar nichts Mägdisches zu tun vermögen. Zum Glück rettet Lord Tristan die panischen Edeldamen gleich in der ersten Nacht und sie entfliehen dem Hof. Die Sache darf nicht herauskommen, weil sonst Ladys Ruf hin wäre, also bewahrt man Schweigen und tut, als sei nichts gewesen.
Aber Pustekuchen: Bei einem Jagdausflug später im Jahr Treffen Plumkett und Lyonel erneut auf die Mädchen und es gibt einen Kladderadatsch, der mit der Festnahme Lyonels endet. Doch dank Plumketts Initiative stellt sich bald heraus — surprise, surprise: Lyonel ist gar kein einfacher Gutsherr, sondern der Nachkomme eines unschuldig verbannten Grafen. Das ändert alles, denn da Lyonel offenbar adelig ist, findet Lady ihn doch ganz gut und einer Hochzeit steht nichts mehr im Wege. Außer der schmachtende Lyonel selbst, der jetzt noch ein wenig herumweinen muss – das Ende zieht sich ziemlich. Zum guten Schluss kriegt Lady ihn aber rum, indem sie die Marktszene vom Anfang nachstellt und – na endlich: Er sagt ja. Plumkett und Nancy haben sich eh schon ziemlich lieb, also heiraten alle vier und es wird noch mal ordentlich gesungen:
Lady (Lyonel ihren Strauß reichend).
….. Der Lenz ist gekommen, die Rosen erblühn —
Lyonel.
….. Es strahlet die Zukunft in freundlichem Grün —
Beide.
….. Es flattern die Blätter in heiterer Luft —
….. Zum Heile, zum Glücke das Dasein uns ruft.
Alle.
….. Zum Heile, zum Glücke das Dasein uns ruft.
Oh man. „Martha“ mag als Oper mit Musik unterhaltsam sein; auf dem Papier bleibt davon aber nichts als seichte Seifenoper. Am spannendsten fand ich das Vorwort von Wilhelm Zentner, der das Werk so wohlwollend einzuordnen weiß, dass ich mir mit diesem Verriss nicht nur dumm, sondern auch wie ein Arsch vorkomme. Will ich mir die Opfer irgendwann mal anschauen? Nein. Mehr von Flotow lesen? Sicher nicht. Vielleicht aber vom Texter Friedrich Wilhelm Riese alias W. Friedrich, denn seine Bearbeitung des ursprünglichen Balletts ist technisch mitunter gut gelungen. Nur eben nicht gut genug, um dem flachen, kitschigen Inhalt beizukommen.
Ein italienisches Sprichwort besagt: Des Menschen großer Feind ist seine eigene Meinung. Wie lautet Ihre?